Pausengespräch – 20 Minuten aus der Semperoper Dresden

Pausengespräch – 20 Minuten aus der Semperoper Dresden

»Jeder Spitzenschuh wird handgefertigt!«

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Er ist der wohl bekannteste Schuh der Welt und das elementare Arbeitsmittel einer klassischen Ballerina – auch in der kommenden Corona-Fassung von Aaron S. Watkins »Schwanensee«: der Spitzenschuh. Schon vor 200 Jahren hat er den Tänzerinnen das Aussehen überirdisch schwebender Wesen verliehen und seitdem die Ausdrucksmöglichkeiten des klassischen Balletts vollkommen verändert. Probendisponent und »Hüter der Spitzenschuhe« Henry Kupka erzählt im Gespräch mit Dramaturgin Juliane Schunke, wie er in punkto Schuhauswahl den ganz individuellen Bedürfnissen jeder der aktuell 36 Ballerinen des Semperoper Ballett und auch so manchem Mann gerecht wird.

Der Spitzenschuh ist das grundlegende Arbeitsmittel jeder klassischen Ballerina. Henry Kupka, ehemaliger Tänzer an der Semperoper, übernimmt seit vielen Jahren die Disposition der Ballett-Company, ist aber auch verantwortlich für den Vorrat und die Bestellung der Spitzenschuhe.

Auch jetzt im Lockdown wird geprobt und die Company bereitet eine Corona-Fassung von »Schwanensee« vor. Da werden auch viele Spitzenschuhe benötigt. Das Bestellen, Zuteilen und Einordnen der Spitzenschuhe nimmt ca. 70 – 80% der Arbeit von Henry Kupka ein, der auf die Firma »Freed Of London« als einem spitzen Spitzenschuhhersteller und -verkäufer schwört. Im Büro von Henry Kupka probiert jede Tänzerin verschiedene Modelle an, es wird verglichen und verändert, bis ein fertiges Modell gefunden ist, das dann bestellt wird. Nach etwa vier bis sieben Monaten werden die handgefertigten Schuhe dann aus London nach Dresden geliefert.

Henry Kupka erklärt die Geschichte und Beschaffenheit des Spitzenschuhs von den ersten Versuchen der berühmten Ballerina Marie Taglioni im Ballett »La Sylphide« im frühen 19. Jahrhundert in Paris bis zu den heutzutage genau auf den Fuß einer Ballerina – und manchmal auch eines Ballerinos – angepassten »orthopädischen« Schuh. Vor allem die Standfläche der Fußspitze hat sich im Laufe der Jahrzehnte verändert, ist bequemer und auch gesundheitsschonender geworden. Trotzdem braucht es für den Spitzentanz ein besonderes Training!

70 bis 100 Euro kostet ein Paar Spitzenschuhe plus Bänder und Einlagen, und die im Moment 38 Ballerinen des Semperoper Ballett benötigen etwa fünf bis zehn Paar pro Monat – je nach Repertoire. Und auch für den Notfall ist gesorgt: Jede Ballerina hat zur Vorstellung immer noch ein Paar Ersatzschuhe hinter der Bühne bereitliegen. Ein hochprofessionelles Unternehmen!

Das Gespräch fand am 26. Februar 2021 statt.


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Über diesen Podcast

Ein Pausengespräch ist fast so spannend wie die Vorstellung selbst: Man tauscht sich über das Gehörte und Gesehene aus, stellt sich Fragen, erfährt Interessantes, manchmal auch Skurriles. In unregelmäßigen Abständen treffen sich Mitarbeiter*innen und Gäste aus der Welt der Semperoper für die Dauer einer Vorstellungspause und sprechen über aktuelle Themen, Besonderheiten des Opernbetriebes, Musik und Theater und alles, was dazu gehört.

von und mit Semperoper Dresden

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